Der Karren steckt tief im Dreck

so titelt der Gießener Anzeiger am 30. 01. 2021 über eine Online-Diskussion über „die Welt nach der Pandemie“, die Greenpeace Gießen organisiert hatte. Das beschäftigt und betrifft auch uns in Biebertal.

Foto: Leyendecker

Wie viel Wandel brauchen wir in unserem wirtschaftlichen System und unserem Denken – und wie können wir uns auf die Zeit „nach Corona“ vorbereiten?
3 Experten waren eingeladen, die diese Thematik mit 500 Teilnehmern diskutierten.
Moderator Stefan Maier von Greenpeace München ist selbst Unternehmer. Er benannte den Riss, der durch die Gesellschaft geht, die Managementprobleme beim Bewältigen der Pandemie und die Klimakrise, auf die wir mit Volldampf zusteuern; z.B. sei bereits jede 8. Art vom Aussterben bedroht.
Christian Felber unterstrich den Aspekt der ökonomischen Verfehlungen und zeigte mit dem Modell der von ihm initiierten Gemeinwohlökonomie eine Alternative auf. Es bedarf einer ökologischen Gleichgewichts-ausrichtung. Man müsse wirtschaftlichen Erfolg am Gemeinwohl messen, nicht an wirtschaftlichen Profiten.
Die Crux der Gier ist derzeit an der Impfdebatte, an den Folgen der Sparpolitik in Krankenhäusern und Gesundheitsämtern zu sehen. Wirklich systemrelevant sind nicht Manager, sondern Bauern, Lastwagenfahrer, Kassiererinnen in den Lebensmittelmärkten, Krankenpfleger, Ärztinnen, Nachbarn. Daher braucht es mehr Bürgerbeteiligung und wieder mehr Verantwortungsübernahme füreinander; schließlich haben wir nur die eine Erde.
Arbeit oder ein Produkt muss der Allgemeinheit dienen, nicht dem Profit – Geld kann man schließlich nicht essen – und zerstörte Natur kann unwiederbringlich sein.
Für Andrea Vetter, Transformationsforscherin an der HBK Braunschweig, ist die Kombination zwischen sozialer Gerechtigkeit, guten Leben und ökologischer Gerechtigkeit wichtig. Sie meint, wir müssen uns gesellschaftlich und historisch eingestehen, dass der Karren momentan tief im Dreck steckt. Das momentane Wirtschaftssystem hat, auch wenn sie beeindruckendes möglich gemacht hat, in der Pandemie geschadet und letztlich erst dazu beigetragen, dass das Geschehen sich so entwickeln konnte.
In Zukunft muss die Priorität nicht mehr auf Profit, sondern auf dem Lebensnotwendigen liegen; daher seien die aktuellen feministischen, antirassistischen und klimapolitischen sozialen Bewegungen so wichtig.
Claudia Kemfert, Professorin für Energiewirtschaft und Energiepolitik und Volkswirtin, hob noch einmal hervor, dass wir aktuell auf Kosten der folgenden Generationen, der Umwelt und der Klimaentwicklung leben – 2020 z.B. hätten wir seit August auf Pump gelebt. Sie meint, eine vorsorgeorientierte Postwachstumsökonomie wäre der Schritt in Richtung Gemeinwohlökonomie. Sie beschrieb auch, dass es sowohl bei der Covid-Krise wie bei der Klima-Krise darum gehe, die Kurvenverläufe abzuflachen. Das aber gehe nur durch Stärkung der Demokratie, durch selbstverantwortliche Mitbestimmung und Solidarität.

An diesen Punkten gilt es vor allem lokal zu arbeiten – hier bei uns vor Ort.

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